Strange Stories

von 'Orakel-im-Web / Orakelfreunde' - Besuchern / Seite 3

Die Geschichte von Skoposville
Eine Geschichte von © Deianeira / Februar 2008


Majestätisch thront das weiße Gemäuer des Schlosses derer von Skopos über der Insel. Eingebettet in das satte Grün der Landschaft. Von den Bewohnern der Insel war schon lange keiner mehr dort oben, ranken sich doch seit dem mysteriösen Tod des letzten Besitzers unheimliche Geschichten um Skoposville.
"Wer wohnt eigentlich in dem prachtvollem Haus dort oben?" fragte ich den Wirt in der ärmlich wirkenden Taverne. "Niemand", flüsterte er, und zog merklich den Kopf ein, während er mir ein Glas Mythos über den Tresen schob. "Schon lange nicht mehr."
Nach dem dritten Ouzo und einigen Flaschen Bier, die ich ihm spendierte, war er bereit. mir darüber zu erzählen. "Kommen sie kurz vor Mitternacht, wenn ich den Laden schließe zu mir in die Stube", und er deutete zu einen kleinen Tisch neben dem Eingang. Als die Kirchenuhr elfmal schlug, machte ich mich auf den Weg. Die Dorfstraße lag verlassen da, und der aufkommende Nebel dämpfte das spärliche Licht der wenigen Straßenlaternen. Auch schien es das ein Gewitter im Aufziehen war, den über dem Meer konnte ich bereits das Aufzucken vereinzelter Blitze sehen.
Ich klopfte an die Türe. Der Wirt öffnete die Tür nur eine kleines Stück und deutete mir, indem er den Finger auf den Mund legte, ich solle leise sein. So wie er bedacht darauf war, nur ja keinen Lärm zu machen und liess mich rasch durch den schmalen Spalt schlüpfen, um danach sofort wieder den Schlüssel im Schloss umzudrehen. Es dauerte eine Weile, bis sich meine Augen an die Dunkelheit im Innenraum gewöhnt hatte. Zumal nur ein Kerzenstummel am Tisch brannte. Er holte einen Krug mit Kraßi und zwei Gläser, wovon er eines vor mich hinstellte und mir einschenkte. Schwerfällig setzte er sich auf den Stuhl mir gegenüber und entzündete eine neue Kerze. Also, begann er mit gedämpfter Stimme und schob dabei unaufhaltsam die Perlen seines Komboloi hin und her.

"Auf Skoposville lebte vor langer Zeit ein Mann .Ihm gehörten die Ländereien auf der Insel und die Menschen waren von ihm abhängig. Er war hart und ungerecht , er herrschte dort mit eiserner Faust und es konnte ihm niemand was recht machen. Er konnte keine Verfehlung verzeihen und die Dienstboten fürchteten ihn und seinen Jähzorn. Außer seinem Töchterlein, das er abgöttisch liebte. Um nicht zu sagen, er betete sie an, sein Ein und Alles, seinen Sonnenschein. Irgendwann geschah es, das sie sich verliebte. Sie wusste, das es derjenige war, mit dem sie eine Familie gründen und für immer zusammen bleiben wollte, genauso wie sie wusste, das dies ihr Vater niemals dulden würde, zumal der junge Mann ein armer Schlucker war, der nichts besaß, und täglich in der Taverne seines Vaters schuftete. Also fanden alle Treffen der Beiden heimlich statt. Immer darauf bedacht, das der Vater nichts davon merkt. Eines Tages nahm sich der junge Mann ein Herz und seinen ganzen Mut zusammen und hielt beim Vater um die Hand des Mädchens an. Dieser jedoch lachte nur grimmig und jagte ihn, indem er ihm die Hunde nachhetzte aus dem Haus. Seine Tochter jedoch sperrte er im Hause ein, sodass sie den Liebsten nimmermehr wiedersehen sollte. Das Mädchen weinte bitterlich."

Der Wirt stand auf und vergewisserte sich, dass die Türe ordentlich verschlossen war, zumal inzwischen der Regen heftig gegen die Fenster peitschte und der Sturm an den Fensterläden riss.

"Es war in einer Nacht wie dieser", erzählte er weiter, "als es das Mädchen in ihrer Gefangenschaft nicht mehr aushielt. Sie wusste, das es für ihre Liebe hier auf dieser Insel keine Zukunft geben würde und so packte sie ihre Habseligkeiten und verließ heimlich das Haus. Sie flüchteten bei diesem Wetter mit einem kleinen Boot von der Insel auf die Ungewissheit des Meeres. Die Flucht blieb von den Fischern am Strand nicht unbemerkt. Diese wussten, das es der sichere Tod für die Beiden sein würde, bei diesem Wetter von der Insel abzulegen. Kurz darauf sahen sie bereits das Boot der beiden Kieloben auf der Wasseroberfläche treiben. Aber mit ihren kleinen Fischerbooten waren sie ebenso machtlos. Also liefen zum Anwesen Skoposville, zumal sie wussten, das jener ein seetüchtiges Boot besaß. Dieser jedoch, in seinem Zorn und Uneinsichtigkeit meinte: Sie hat es so gewollt, soll sie doch schauen wie sie alleine zurecht kommt. Drehte sich um und schlug den Fischern die Türe vor der Nase zu. Tags darauf, als der Morgen graute, fand man die Beiden Liebenden in inniger Umarmung tot im seichtem Wasser liegen. Die Flut hatte sie zurück an Land gespült.
Als man dem Mann von diesem Unglück berichten wollte, fand man die Türe offen stehend und er lag mit salzverkrusteten Gesicht, durchnässt und mit Algen überzogen tot in seinem Bett. Ihn hatte in dieser Nacht in seinem Haus das selbe Schicksal wie das seiner Tochter ereilt. Und jedes Mal, wenn sich der Nebel über Skoposville legt, und ein Gewitter das Meer peitscht, dann sucht sein Geist, der keine Ruhe findet, das geliebte Töchterlein."

Der Wirt trank den letzten Schluck aus seinem Glas und wischte sich mit dem Hemdsärmel eine Träne aus dem Augenwinkel und blickte zur Wand. Dort stand ein Foto von einem jungen Paar und daneben eine abgebrannte Kerze.

Zusatz-Info von Deianeira:
Diese Geschichte entstand beim Ansehen eines Fotos, das auf einer griechischen Insel gemacht wurde und ein weißes Haus auf einer Bergkuppe bei Nebel zeigt.

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